Wir versinken in Dingen. Ich versinke in Dingen. Ich habe heute die Kiste mit “Elektrozeug” ausgekippt und aussortiert. Dinge. Ein Babyphone. (zuletzt genutz vor etwa neun Jahren. Beim zweiten Kind ein neues Babyphone gekauft.) Kabel. Computerkabel. Netzwerkkabel. Kabel mit Bruch. Stecker mit abgeschnittenen Kabeln dran. Ein Lampenschirm (soo schön retro, wenn auch kaputt) mit Kabel dran. Etwa eine viertel Stunde Kopfhörerkabel entfitzt. Alle aussortiert. Irgendein Festplattenkabel. Netzteile. Viele Netzteile. Eine Basisstation für ein schnurloses Festnetztelefon. Ohne Schnur und ohne Telefon. Eine Taschenlampe, vermutlich für 1,99 €, oder gar DM, mit ausgelaufenen Batterien. Glühbirnenfassungen, bestimmt drei. Sahen nicht mehr gut aus. Ein Dreiphasenstecker. Behalten. Ein Moskitonetz in seiner Packung. Knieschoner. Noch nie benutzt. (In der Elektrokiste?). Einen uralten Schalter, vielleicht von einer Puppenstube. Einen Kippschalter an einem abgeschnittenen Kabel. Eine Zeitschaltuhr. (Behalten). Ein Batteriegehäuse mit einem hauchdünnen LED-Lämpchen-Kabel daran. (Heimlich behalten. Funktionierte noch.) Viele USB-auf-irgendwas-Kabel. Und das war noch nicht alles. Den Rest weiß ich nicht mehr. Eine Kiste. Es war nur eine Kiste. Ich habe einige solcher Kisten. Wir versinken in Dingen. Mit jedem Ding könnte man noch irgendwas tun, könnte man sich das Geld sparen und die Umwelt schonen, würde man es aufheben und das nächste mal (wirklich) nutzen. Aber ich tue es nicht. Niemand tut es. Ich stelle es alles in einer Kiste an eine Verschenke-Ecke. Bis auf die Basisstation ohne Telefon, das kommt in den Müll. Vielleicht freut sich jemand über das Moskitonetz. Dinge. Jedes Ding könnte ein Projekt sein. Der Tag hat weniger Stunden als der Konjunktiv Möglichkeiten. Wir versinken. Und trinken es dann als Mikroplastik mit unserem Shake. Und kaufen uns dann teure Filter, die alles wahrscheinlich herausfiltern. Dinge. Alles Synapsen in (m)einem Hirn. Alles Möglichkeiten die Staub saugen und Geschichten erzählen, die wir verdrängen. Die wir oben aufs Regal stellen. Und ich wunder mich noch…
Autor: Martha Laux
Corona-Tagebuch 1.3
Und dann vergeht Zeit. Ein ever-präsentes Thema. Hält langsam Einzug. Nichts ist normal und doch irgendwie alles. “Langsam wieder…” . Was ich an dem ganzen mag, an Corona, ist, daß es die Grenzen ein wenig aus ihren Angeln hebelt, die wir sonst so hatten. Die Definitionen. (Fußnote: Nun, keine Definition ohne Grenze und andersherum…). Die Kompassnadel ist ein wenig eine andere geworden. Und das finde ich schön. Mit der neuen Kompass-nadel fällt meine Links-Rechts-Schwäche gar nicht mehr so auf.
Nun ja, aber gleichwohl. Von jeder Kompassnadel wollen wir natürlich trotzdem noch, daß sie irgendwo hin zeigt. Das können wir schwer ertragen, wenn sie sich dreht und dreht. Oder stellen wir uns vor sie würde nach oben zeigen, plötzlich! Oder: nach Innen!! Nun ja, aber ja, die Nadel schieben wir trotzdem dann schnell irgendwo hin. Auch ich. Ja, ich muss gar nicht so tun. Wer eine Partei wählt, die so viele mir unheimlich fremde Menschen auch wählen, da muss ich vor’m (richtigen) Zuhören erst mal durch so ein Dickicht an ungeklärter Fragen. Irritation. Holt mich einfach überhaupt nicht ab, diese Partei. Aber nun gut. Ja auch erstmal egal, Partei, Partei, da dreht sich ja nun wirklich nicht alles drum. War ja auch nur ein Beispiel. Corona jedenfalls bringt, finde ich, eine neue Kompassnadel ins Spiel. Wer weiß ob die besser oder schlechter ist, aber es ist einfach erst mal eine andere.
Und dann gehen Menschen zu Demos, wo es mich grad wirklich nicht hinzieht. Aber sie finden dort was. Und diese Menschen sind mir zugewandt. Mindestens. Und ich ihnen. Vielleicht ist es meine Mutter. Oder mein Freund. Pro Corona und gegen Corona. Das ist natürlich irgendwie Schwachsinn. Odernicht? Ja, das ist dann wieder gleich die Kompassnadel irgendwo hin schieben. Das langweilt mich. Ja und es fordert mich natürlich auch heraus, denn auch ich schiebe bisweilen die Kompassnadel allzuschnell in irgend eine Richtung. Aber sie wird eben zur Zeit auf eine schöne Art immer durch verschiedene Magnetismen gestört.
Und gleichwohl, kommt es aber natürlich zu konkreteren Fragen. Ganz konkreten Fragen. Und ich meine nicht so Fragen wie: setze ich die Maske auf oder nicht. Es gibt noch mehr Fragen: Wie sehr fordere ich die anderen auf, eine Maske zu tragen? Oder auch: Wie fordere ich, wenn ich es tue, die Menschen auf eine Maske zu tragen? Und es ist doch aber auch der Fall, daß diese ganz konkreten Fragen auch wieder zu den großen Fragen führen (dürfen, sollen!?!) Wer ist woran Schuld? Und ist diese Schuld nicht auch irgendwie ein alles-vernichtendes Argument und lenkt es nicht auch ein wenig ab? Oder nicht? Wenn Dir Schuld wichtig ist, dann sag es mir! Und wenn Du Angst hast. Was ist mit der Angst?
Weißt Du. Langsam. Allmählich. Allmählich entsteht in mir eine Meinung. (Aber lasst mir doch ein wenig Zeit noch… lasst uns vielleicht allen überhaupt ein wenig Zeit eine Meinung zu finden und nicht gleich versuchen eine zu haben, bevor es sich richtig anfühlt, und auch die anderen nicht zu zwingen (m)eine zu haben! …) Gleichwohl. Mehrere Meinungen zu verschiedenen Aspekten entstehen in mir. Únd eine davon merkte ich förmlich entstehen, als eine Kundin zu mir in den Laden kommt, mit Maske auf. Und als sie zu mir an die Kasse kommt, setze auch ich meine Maske auf. Sie sieht mich an, meine Re-Aktion bemerkend, und ich höre mich sagen: Wenn es Ihnen wichtig ist, dann ist es mir das auch. Und da habe ich gedacht, lasst den Menschen ihre Angst. Ich muss sie nicht teilen und nicht mögen. Aber keine Enge dieser Welt lässt sich mit Enge weiten. Und, daneben stehend, ja sich förmlich ineinander verschlingend ergänzend, heißt das auch: verlange nicht von mir eine Sorge zu tragen, die ich nicht greifen kann. Mach mir keinen Vorwurf aus meiner Abwesenheit von Sorge! Und nenn mich wenn Du kannst nicht verantwortungslos, denn auch ich muß im Falle des Falles zur Antwort fähig sein. Auch mein Herz und Kopf wollen eine Antwort wissen wenn ich Corona habe. Oder wenn andere wegen mir Corona haben. Auch ich will das nicht. Und diese Maske tut etwas. Sie tut vieles. Manchmal sogar da mag ich sie. Mag das Mich-einkuscheln und -verstecken in meinem Tuch, mag meine eigene Wärme zu spüren und sonst keine. Und an anderen Tagen da bremst sie mich. Nimmt mir die Freude am Atmen. Am Lächeln. Lässt mich mich eigenartig fühlen. Ich wasche mir die Hände übrigens. Mehr als zuvor. Terry Prettchat hat gesagt, Hexen haben immer saubere Hände. Hände waschen ist gut. Muss ja nicht manisch werden. Aber fließend Wasser ist gut. Nun, und wenn Du eine Maske tragen willst, und wenn Du willst, daß ich eine trage, dann setze ich sie für den Zeitraum, in dem wir hier und an diesem Ort einfach gut miteinander sein wollen, gerne auf.
Ich verfluche dieses Kleinfamilienkonzept
Ich verfluche dieses Eine-Mutter-ein-Vater-Konzept. Ich verfluche es aus der Mitte meiner Seele. Irgendwelche manischen Vorfahren haben wahrscheinlich irgendwann was falsch verstanden und ein spirituelles Bild von einer Bipolaren Einheit von Männlichkeit und Weiblichkeit einfach eins zu eins auf den Menschen geglaubt übertragen zu müssen. Willst Du diese eine Frau lieben und ehren bis daß der Tod Euch scheidet? Und seit dem rennen wir rum und eine Frau soll nun alles Weibliche in sich beherbergen und ein Mann alles Männliche. Das funktioniert aber nicht. Eine Mutter ist in diesem Konzept immer alleinerziehend, egal wie viel Mann sie noch neben sich hat, weil sie die einzige Mutter für ihre Kinder bleibt. Aber ich will nicht die einzige Mutter für meine Kinder sein. Ich möchte Schwestern neben mir. Und Tanten. Und Mütter. Und Großmütter. Aber beziehungsunfähig wie ich geworden bin in dieser Welt habe ich das nicht. Ich bin alleine als Mutter. Ich bin immer die einzige Mutter für meine Kinder. Keine neben mir hat eine solch enge Beziehung zu meinen Kindern wie ich. Und so ist es überall eingraviert, es gibt immer nur enge Beziehungen. Zweierbeziehungen. Es gibt nicht meine Mütter. Es gibt nur meine Mutter. Natürlich ist die Beziehung dann immer so eng, daß es auch immer ein Loslass-Thema nach sich zieht. Ich kann meine Tochter schwer loslassen wenn ich sie in den Kindergarten gebe. Ich kann schwer loslassen verhindern zu wollen, daß meine Tochter ihre ersten eigenen schmerzhaften Erfahrungen macht. Dieses Konzept kreiert natürlich Helikoptereltern oder überforderte Mütter. Und wenn die Mutter dann selber in irgendeinem Prozess ist, weil sie ja eben auch nur ein Mensch ist, und kein spirituelles Bild, dann ist das Kind sofort ohne Mutter-Halt. Bindungsschwierigkeiten. Natürlich hat man dann Bindungsschwierigkeiten, wenn es auch nur eine solche Bindung gab, die dann ersatzlos wegfällt. Und die Kindergärtnerin ist kein Ersatz. Und der neu hinzukommende Halbpapa auch nicht. Und die neue beste Freundin auch nicht. Eine zweite Mutter wäre es gewesen. Oder eine dritte. Von Beginn an. Aber nein. Der Gedanke scheint absurd, wie soll denn das gehen, es gibt ja nur eine Mutter!
Und ich kann als einzige Mutter nur scheitern in diesem Konzept. Natürlich sehe ich als Mutter auch: was es bräuchte. Daß es jetzt Halt bräuchte. Oder Spiel. Leichtigkeit. Oder Grenzen. Natürlich habe ich dazu ein Gefühl. Auch wenn mal eher und mal später. Aber natürlich spüre ich, was mein Kind eigentlich bräuchte. Aber ich kann nicht alles gut. Ich kann eben manches gut. Grenzen ziehen kann ich gut. Aber spielen kann ich nicht gut. Aber andere können Anderes gut. Geduld hab ich nicht oft. Aber anderen fällt das leicht. Erklären kann ich Dinge gut. Leichtigkeit haben wieder andere viel schneller als ich. Und zusammen wären wir eine wunderbare Mischung aus all dem, was ein Kind braucht. Aber allein. Allein kann ich nur scheitern. Und ich muß zusehen, wie mein Kind nicht bekommt, was ihm zusteht. Wo es doch aber möglich wäre. Wenn sich mein Kind das, was ich nicht habe, von anderen holen kann. Aber um dort hinzugehen, zu einem Mensch, und sich was zu holen, braucht es eine Beziehung. Die gibt es aber nur zu Mama und Papa so eng. Also kommt es zu Mama und Papa. Und ich habe aber gerade keine Geduld. Keine Leichtigkeit. Also komme ich an meine Grenzen. Ein Kolibri von dem ich mir einen weiten, ruhigen Flügelschlag wünsche, der würde sich natürlich alsbald fehlerhaft und gescheitert fühlen. Aber wir kennen nur die Bipolarität. Entweder oder. Entweder Mama bietet Halt. Oder eben nicht. Wenn nicht, dann gibt es keine andere Mama, dann gibt es keinen Halt. Natürlich gibt es noch Papa und die Kindergärtnerin und die Nachbarin. (Zum Glück!). Aber es gibt dann keinen Mama-Halt. In den ersten drei Jahren unseres Lebens bildet sich unser Unterbewusstsein. Unsere nonverbale Wahrheit darüber, wie (selbst-)sicher ich mich ganz grundsätzlich fühle. Und wie frei ich mich also entfalten kann. Unsere Wahrheit darüber, wie ich lande, wenn ich falle. Und just in dieser Zeit gibt es: eine Mama. Und einen Papa. (Im Optimalfall.) Und wenn ich in dieser Zeit also mal falle, weil die Mutter-Energie alle ist. Oder berührungsscheu. Oder freudlos. Dann lande ich hart. Und wenn mir dann etwas später verbal die halbe Welt erzählt, ich könne mich jetzt fallen lassen, bin ich mir doch sicher, ich bin mir bewusst, daß ich hart landen werde. Also halte ich mich fest, sobald etwas Halt verspricht. Und dann sitzen wir beim Therapeuten und reden über die Schwierigkeit Loszulassen. Ach wirklich?
Ich verfluche Dich, Kleinfamilienkonzept!
Corona-Tagebuch 1.2
Geh noch nicht, Corona
Es ist mir eher eine vage Erinnerung, daß es da mal ein Lock-Down gab. Auch wenn meine Tochter erst einen Tag die Woche wieder in die Schule geht. Ich höre kaum noch Radio. Alles ist noch irgendwie in dieser Blase, aber der Sog hat auch die Blase kaum merklich ergriffen, natürlich. Wir brauchen unseren Wachstum, unser Immerweiter, das Müssen, wir brauchen es wie die Luft zum Atmen, anscheinend. Und auch an mich hat es sich wieder drangehangen, ohne daß ich ausmachen könnte wann das geschehen ist. Das Müssen. Es muß ja Miete gezahlt werden. Es muß ja eingekauft werden. Es muß ja auch krankenversichert sein. Es muß ja weitergehen. Es muß ja auch glücklich sein ab und zu. Es muß ja irgendwie für die Grundlage gesorgt werden. Es muß immer irgendwie aus Minus Null gemacht werden, damit man sich ausruhen kann, denn man muß ja am nächsten Tag wieder Müssen. Und der Lock-Down war mir so ein Geschenk. Plötzlich konnte ich atmen. Einfach erst mal atmen. Und dann, ganz heimlich, konnte ich mich ja um die Sachen kümmern, die ich eigentlich machen will. Plötzlich, weil ja auch niemand geguckt hat, konnte ich mir einen Tag einrichten an dem ich eine Idee aus dem Schuhkarton hole und sie in die Welt bringe. Ich konnte sogar noch eine zweite rausholen. Ich konnte nicht müssen. Plötzlich konnte ich kurz einfach glücklich sein und musste gar nicht. Und habe es natürlich nur heimlich gemacht, anfangs, weil die Situation natürlich besorgniserregend war, zumindest für andere, und das wollte ich niemandem absprechen. Aber mir war der Lock-Down ein solcher Balsam für die Seele. Für einen Moment musste das Herz nicht müssen, und es durfte so viel, denn es will ja gar nichts böses. Es durfte sich ausruhen. Einfach ausruhen. Und mit diesem Platz, den es da bekam, mit diesem Raum zum Atmen, entstand so viel Lust zum Handeln. Und ich meine nicht so ein Handeln wie jetzt kipp ich mir als allererstes viereinhalb Whisky hinter die Birne und schlafe jeden Tag bis vierzehn Uhr. Und auch nicht so ein Handeln wie ich unterschreibe jetzt sofort fünfeinhalb Petitionen weil ich meine Grundrechte in Gefahr sehe. Es war so ein Handeln wie: ich fahre an einen See und höre die Bäume atmen. Ich treffe mich mit einem Freund und mach endlich den Song fertig der seit anderthalb Jahren darauf wartet auf Youtube gestellt zu werden. Ich kaufe mit meiner Tochter endlich die Kommode die sie sich so lange wünscht und abends essen wir zu dritt Sushi. Am nächsten Tag bauen wir sie mühsam im Chaos zusammen und ich verfluche Ikea und unsere Billig-Gesellschaft, aber freue mich an der Kommode und der Ruhe die sie herstellt. Ich liege allein in meinem Bett und suche den Ort in mir wo ich ganz ich selber bin. Ich mache Yoga ohne daß ich es mir vorgenommen habe. Ich merke daß ich eigentlich anders wohnen möchte. Ich entdecke neue Musik. Und da ist noch lange keine Struktur, keine Basis des Nicht-Müssens, es ist lediglich Platz, den mein Herz plötzlich geschenkt bekommen hat.
Und vielleicht sollte ich Radio hören. Vielleicht sollte ich mitentscheiden. Mich beteiligen. Aber ich bin eigentlich nur dabei, den Wänden zuzuschauen, die sich wieder verdichten, dem Raum, der wieder kleiner wird um mich. Versuche noch eilig zu entscheiden, welche Dinge es unbedingt zu behalten lohnt. Ich muß jetzt mal irgendwie wieder arbeiten. Dringend. Mai ist die Miete gezahlt. Für Juni weiß ich noch nicht ganz wie und wovon. Juli weiß ich noch gar nicht. And don’t ask me about the Sommerferien. Ich sehe nicht mehr sehr weit, der Nebel hat sich wieder verdichtet. Ach Corona denke ich, geh noch nicht. Lass mir noch ein wenig Zeit. Lass mir noch ein wenig dieser Ruhe, die meinen vielen Gedanken so viel Platz geschenkt hat und mein Herz so weit gemacht hat. Jetzt muss ich sogar wieder meditieren, wenn ich nicht wieder aufgesogen werden will, vom Strudel, und mir dann doch Donnerstag Abend noch dreieinhalb Whisky eingieße weil es den Moment so anhält. Ach Corona. Dein Lock-Down hat mir so viel leise, warme Ruhe geschenkt, die so viel frei gemacht hat in mir.
Corona-Tagebuch 1.1
Perspektiven-Test
Es sind seltsame Zeiten das. Also die Zeit selbst scheint auch auf eine eigene Art zu vergehen. Ich kann nicht sagen ob die Tage rennen oder schleichen. Ich kann auch schwer sagen, wie es mir geht. Und dann: werde ich krank. Man kann überhaupt nicht normal krank werden in diesen Zeiten. Ich habe tatsächlich: Fieber und Husten. Keinen Schnupfen. Bestialische Kopfschmerzen. Habe sonst nie Kopfschmerzen. Und plötzlich bin ich irgendwie… isoliert. Und gleichzeitig will ich gern isoliert sein. Eigentlich will ich im Bett liegen und liegen und liegen und atmen und Musik hören und Tee trinken und schlafen, unendlich viel schlafen. Aber ich kann nicht so richtig schlafen. Ich kann mich auch nicht so richtig entscheiden. Ob ich ruhen will. Oder der Krankheit den Abwehrkräfte-Kampf ansagen, mit tonnenweise Knoblauch und Hollundersuppe. Und Aktionismus. Ich hatte Pläne. Hatte Termine. Und nun bin ich krank also steht Corona im Raum wie ein Problem was erst geklärt werden muß, bevor irgendwie wieder zur Tagesordnung übergegangen werden kann. Ich hätte mich auch einfach 14 Tage in selbstgewählte Quarantäne setzen können, krankschreiben lassen, und die Krankheit durchlaufen. Danach wäre alles so seltsam verrückt langsamschnell weiter gegangen wie die ganze Zeit. Aber ich möchte diese Termine wahrnehmen. Also:
Mache ich einen Test. Ich bekomme einen Test. Ich bitte sehr darum. Ich glaube mein Arzt meint es gut mit mir. Vielleicht auch nicht. Aber normalerweise erfülle ich nicht alle Kriterien für einen Test. Aber ich muss es für diese Termine ausschließen können sage ich, und das stimmt ja auch. Und dann, plötzlich, ist so viel anders. Wenn ich einen Test mache. Noch bevor ich das Ergebnis habe wird alles anders. Man kann es in den Köpfen sehen, meinem nicht ausgeschlossen, man kann den Perspektivwechsel beobachten wie man das Bewegungsmuster einer Geruchswolke in einer U-Bahn anhand der Gesichtern der Menschen erkennen könnte. Ich habe ja das Ergebnis noch nicht. Nur die Tatsache, daß ich die Frage stelle, ob ich möglicherweise Corona habe, nur die, verschiebt still und deutlich zugleich die Perspektiven. Die Handlungen. Die Scherze. Die Entfernungen. Die Geschwindigkeiten. Beim Arzt komme ich sofort an die Reihe, im Hinterhof werde ich empfangen, ich habe keine Minute gewartet, werde mit größtmöglichem Abstand gründlich, sachlich und rasant schnell getestet. Stäbchen wieder ins Röhrchen, ich brauche noch eine Krankschreibung, bitte am Fenster vorne abholen. Ich gehe mit Mundschutz zum Bäcker. Ich will dort auf keinen Fall in diesen Laden husten. Dieser Mundschutz. Die Menschen sehen ja gar nicht ob ich lächle. Und ich lächle doch eigentlich oft und gerne beim Einkaufen, das macht alles etwas leichter. Abstand. Sorge? Distanz. Mit Fingerspitzen legt sie das Zwei-Euro-Stück auf die Geldschale. Oder bilde ich mir das ein? Wenn ich es mir recht überlege, ich kenn die Bäckerfrau ja gar nicht gut. Sie war auch nicht wirklich unfreundlich. Oder? Eigentlich hat sie all meine Fragen anständig beantwortet. Ich weiß es nicht. Wer weiß das alles schon. Mein Nachbar schenkt mir sein Feuerzeug nachdem ich es in der Hand hatte. Immer wieder muß ich an dieses Doppelspaltexperiment denken. Ich meine keiner ist wirklich anders zu mir. So richtig. Immens. Niemand. Nur diese Subtilität. Diese Feinheit. Feinstofflichkeit. Wirklich kaum wahrnehmbar. Und mehr noch: So schwer wahrnehmbar, daß ich nicht sagen könnte, ob ich es mir selbst einbilde. Ob erst ich es erschaffe. Oder ob die Bäckerfrau dann erst unfreundlich wird, weil ich sie so skeptisch ansehe, mit einem ganz zarten Hauch Beleidigtsein, durch die Augen, hinter der Atemmaske. Wer weiß das alles schon. Die Lichtteilchen verhalten sich anders, nur deshalb, weil gefragt wird, wie sie sich wohl verhalten. Fragen sind Räume, Erfahrungsräume. Morgen um zehn kommt das Ergebnis. Vielleicht ist die entscheidendere Frage: Habe ich heute schon mal eine Weile in Ruhe geatmet?
Corona-Tagebuch 1.0
Es ist 6:20 Uhr und ich sitze in der Küche, die ich so gelassen habe wie sie ist, erstmal. Sonst hätte ich abgewaschen bis das erste Kind wach wird. “Ich wasch nur noch schnell das Becken frei” hätte ich mir gesagt und “dann setz ich mich hin und trink nen Cafe und schreib’ was.” Never hätte das funktioniert. Ich kenn mich. Ich lerne mich kennen.
Eine Freundin hat mir einen Eintrag von ihr auf irgend einem Blog geschickt. Ich weiß gar nicht mehr was das genau für ein Blog war, sie hat es mir geschickt, also bin ich dem link gefolgt. Ich bin eine Raben-Bloggerin. Der Alltag in verschiedenen Ländern in den Zeiten von Corona. Eine Frau mit drei Kindern schreibt aus den USA. Meine Freundin schreibt aus Italien. Noch immer, trotz dem, was sie auch über Norditalien schreibt, halte ich Corona nicht für eine Krankheit, gegen die ich mich unter normalen Umständen impfen würde, noch immer kann ich mir nicht helfen und halte Corona im Stillen für eine fiese Grippe, die ich nicht kriegen möchte, wegen der ich aber niemals mit Mundschutz und Handschuhen zum Bewerbungsgespräch gehen würde. Und noch immer bin ich gleichwohl genauso still und sehr sehr heimlich so froh, daß die Welt gerade so sehr inne hält. Sie hält ja nicht mal wirklich inne, es hat nur jemand kurz am Temporegler gedreht, ganz bisschen nur. Ich werde sicher nicht herumlaufen und die Leute von irgendetwas überzeugen wollen. Außerdem wer bin ich das zu tun. Mich stört der Mundschutz nicht, und die zwei Meter Abstand, zumal dieser Abstand sogar noch irgendwie was mit Solidarität statt mit Ekel zu tun hat. Viele wollen Corona gar nicht unbedingt vermeiden zu bekommen, sie wollen nur nicht diejenigen sein, die andere angesteckt haben. Eine andere Freundin meinte letztens, daß jedes System, was Angst hat, beginnt, anders zu atmen. Ich möchte nicht in Krankenhäusern arbeiten derzeit. Und ich bewunder sie. Alle. Die Feuerwehrmänner des elften Septembers sind die Krankenschwestern und Nettomitarbeiterinnen dieser Coronakrise. Bei uns vor der Filiale um die Ecke steht mit Kreide vor den Fahrradständern auf den Fußboden geschrieben: “Danke liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Bleibt Gesund!”.
Gott was für ein Glück habe ich derzeit in diesem Land zu leben. Das sage ich. Die ich sonst so gründlich angewidert bin von dieser aberdeutschen Emotionslosigkeit. Aber ich werde irgendwie über die Runden kommen. Hier in Deutschland. Es ist knapp, aber ich werde über die Runden kommen. Hier war zuerst das Klopapier alle, nicht die Waffen. Und auch nicht der Wein. Was soll hier passieren wenn mal einer durchdreht irgendwann?
Es ist eine Krise und Menschen geraten an ihr Limit. Ich möchte das niemals beschönigen. Ich bin wahrscheinlich einfach zu Zeiten vor der Krise, zu Zeiten von jetzt-gib-der-Tante-die-Hand-und-iss-dein-Amazon-prime-Schnitzel immer wieder an mein Limit geraten und habe deshalb derzeit das Gefühl, zum ersten Mal seit langem in einem Land wie diesem atmen zu können. Und dankbar zu sein. Ich bin es leise. Es ist 6:52 Uhr. Am liebsten würde ich eine rauchen. Wenn es nur nicht so eklig wäre. Aber ich werde mich vielleicht einfach ans Fenster stellen und der Stille lauschen. Um sieben. In Deutschland. In einer Zeit, in der es ein Virus geschafft hat, nahezu jeden Menschen auf dieser Welt zur gleichen Zeit wenigstens ein klein wenig zu tangieren. Oder? Irre ich mich? Zumindest tangiert es doch recht viele zur gleichen Zeit. Vielleicht ähnlich viele, wie sonst zur gleichen Zeit diesen Planet so runterrocken.
Die Liebe in Zeiten von Corona
Ich vermute die Liebe macht gar nicht viel anders als sonst, in diesen Zeiten. Sie hat einfach ein bisschen mehr Platz. Was soll sie schon machen, in diesen Zeiten? Wenn ich mich verliebt habe, im März des Jahres 2020, wird das dann für immer die Corona-Liebe sein? Dann werde ich vielleicht im Jahr 2041 immer noch wissen, wann ich nicht nach Schweden gefahren bin und meine Kissen nassgeweint habe. Dann werde ich sagen: ach, das war das Jahr in dem die erste Coronakrise kam. Das muß also 2020 gewesen sein. Abgefahren, das alles, oder nicht? Es fällt mir schwer über die Liebe etwas zu sagen, in diesen Zeiten. Wo sie doch genauso… waltet. Und wirkt. Und irritiert. Und wärmt, bisweilen. Die Liebe meine ich. Na und vielleicht ein wenig auch die Coronakrise 🙂
Montagsbrötchen
Und dann ist man einfach mal zu Hause. Ich rauche ein wenig. Aber kiffe nicht. Und dann ist einfach ein Tag leer. Ich habe zwei Fattigauer gekauft. Aber sie noch nicht geöffnet. Dann ist da plötzlich nichts weiter. Aber eben nicht nichts. Heute keine Arbeit. Und auch keine Not. Es gibt nicht mal einen ewig langen unerledigten To-Do-Zettel. Ich sehe mir ein paar Corona-Videos und einen Trailer an. Aber dann mach ich Youtube wieder aus. Ich habe kein Corona. Keiner hier. Es ist März Zweitausendzwanzig. Und heute ist da plötzlich gar nichts. Aber es war gar nicht so plötzlich. Es ist einfach Dienstag. Die Kinder sind bei Oma. Und ich versuche, mir zu erlauben, daß einfach nichts besonderes ist. Keine Krise. Keine Arbeit. Keine Euphorie. Keine Pläne. Keine Konjunktive. Daß hier grad einfach Leben stattfindet was ruhig ist. Ich habe nicht mal Lust irgendwas Besonderes zu tun. Meiner Oma einen Brief schreiben. Ein Video aufnehmen. Ein Lied schreiben. Es ist einfach sehr still. Und ich finde das sollte hin und wieder so sein. Gestern früh habe ich Sonntagsbrötchen gemacht. An einem ganz normalen Arbeitstag. Und ich höre Richard Dorfmeister und finde Sonntagsbrötchen machen subtil den Montag düster. Ich werde mich hinlegen und ein wenig meinem Atem lauschen.
Wenn Du willst, daß etwas schnell vorüber geht, dann sorge dafür, daß es Spaß macht
“Weißt Du was ich echt oft höre, wenn ich zu Leuten sage, daß Rauchen tödlich ist, weißt Du was die dann echt, echt oft sagen, also echt dauernd?” sagt meine elfjährige Tochter während sie sich vorm Spiegel einen Zopf flechtet. “sie sagen ‘das ganze Leben ist tödlich’ “. Und rollt mit den Augen. Und echte Nachdenklichkeit in ihren Augen. “Das sagen sie??” frage ich? Und merke aber, daß meine Tochter über noch etwas anderes verärgert ist. “Na also das stimmt ja auch irgendwie. Ich weiß schon, daß das ganze Leben tödlich ist.” Und während ihre Finger sich immer wieder dreifach ineinanderbewegen kann ich an ihren nicht vorhandenen Stirnfalten sehen, wie sie sichtlich immer noch diesem Logikalgorhytmus auf die Schliche zu kommen versucht. Was für eine komische Welt denke ich. Wir sagen immer Kinder sind so weise und klug und all sowas. Bei jeder Zigarette bei der meine Tochter sagt: Mammaaa, rauchen ist schädlich!! Hat sie einfach recht. Fertig. Da kann ich mich auch einfach mal hinstellen und mit der Wahrheit konfrontieren. Und irgendwie ne Entscheidung treffen. Verrückte Welt das alles denk ich. Kennen Sie diesen Hinweis auf Teepackungen, wo steht: “Immer mit kochend heißem Wasser übergießen, und mindestens 5 Minuten ziehen lassen. Nur so erhalten Sie ein sicheres Lebensmittel”? Und um den Satz nachzusehen, sehe ich, daß Leute in irgend einem Forum www.hast-du-dich-mal-gefragt-wo-mutti-letztens-war.de, dann fragen, zu Recht, aber eben so besorgt: oh, muß ich mir Sorgen machen? Was könnte denn da “unsicheres” im Tee sein? Und ich denk mir nur so: HÄÄ? Was zur Hölle machen die denn da in den Tee rein??? Ich meine … TEEEEE!!! Also ja ja ich weiß daß eigentlich nur die zweieinhalb Pflanzen wirklich Tee heißen und das andere heißt Aufgußgetränk oder so, aber ich meine wie beim Salat sag ich jetzt einfach mal Tee. Ich meine TEEE??!!! Was zur Hölle macht ihr da rein, daß ich das abkochen und fünf Minuten warten muß!!?? Dann geht doch lieber raus, pflückt Euch paar Brennnesseln und schüttet da kochend Wasser drüber. Herrgott. Verrückte Welt. Eine verrückte Welt denke ich. Und ja ja. Ich brauche Kaffee halt. Wir brauchen das halt. Also ohne Kaffee morgens, bin ich echt nicht zu gebrauchen. Das sind so Geschichten die wir uns erzählen. Daß wir etwas mögen, und dieses Mögen eben einfach so ist, wir mögen es halt dunkel. Oder hell. Das mögen wir halt. Bevor ich Mutter war hab ich das auch noch gedacht. Daß meine Vorlieben und mein Mögen halt so gesetzte Dinge sind, ein sich meinem Willen völlig entziehendes Persönlichkeitsphänomen. Ich kann schließlich nicht entscheiden, was ich mag und was nicht. Hab ich lange gedacht. Klingt auch logisch. Kann vielleicht sogar sein! Keine Ahnung. Ich weiß nur, als Mutter lernst du irgendwann, daß es schneller geht, wenn Du Dich entscheidest einfach zu mögen was Du tust. Oder tun mußt. Oder daß Du es jetzt einfach für diesen Moment magst. Du entscheidest Dich einfach, es so zu betrachten, wie Du es betrachtest wenn Du es magst. Weil es dann einfach reibungsloser geht. Freu Dich auf’s ins-Bringen-bringen und sie schlafen sofort ein. Hab kein Bock auf ins Bett bringen und es dauert eeeewig. Ts. Das ganze Leben ist tödlich. Schon klar. Dann leb aber auch, als hättest Du vorm Leben keine Angst mehr. Verrückte Welt das…
Adieu JobCenter
So ein bisschen albern kommt es mir schon manchmal vor, wie groß ich es empfand. Und gleichwohl. Es war groß. Es wurde größer im Nachhinein. Ein Armutszeugnis, aus gewisser Sicht, daß es mir ein solcher Schritt war. Und doch. Man fängt doch immer mal wieder klein an. Da kann ich noch so sehr fünfunddreißig sein. Stellen Sie sich die Absurdität dessen vor, einen Schritt nur deshalb nicht zu machen, weil man ihn so spät macht. Und natürlich, eine gewisse Dramatik habe ich der Szene auch gegeben. Hätte den Brief fast ausgedruckt und mir an die Wand gehängt. (Habe ihn in mein Blog gestellt.1 Kommt ein bisschen aufs Gleiche raus 😉 )
Dramatik jedenfalls. War da. Gleichwohl schloss sich die eigentliche Dramatik erst an, und tut es noch. Nicht so Drama-mäßig daß ein psychologischer Hurrican über mich eingebrochen wäre. Es waren eher so einige kleinere Tsunamis. Die man auf offener See selbst kaum spürt, aber wenn man dann ans Ufer kommt findet man alles verwüstet vor. Eine Hafenwelle.
Hartz IV zu bekommen, das sieht schon beim Schreiben scheiße aus. Da spannt sich in mir gleich immer so der antrainierte politisch korrekte Nerv an. Da will man ja jetzt keinen als Looser hinstellen. Hartz Vier zu kriegen sagt ja nichts über den Menschen aus, ich bitte Sie.
Auch gut finde ich dann die umgekehrte Sichtweise, man würde Hartz Vier ja nicht kriegen, sondern es sich nehmen. Und die dazugehörige obligatorische Herablassung gegenüber den entwürdigenden Verfahren und den erkenntnisresistenten Sachbearbeiterinnen. Hin wie her, es kreieren sich absorbierende oder zurückschlagende Opfer dieses Systems. Opfer. Kann man nicht anders sagen. Schon das Wort Opfer selbst ist entweder eine Beleidigung oder ein zum Ernstwerden mahnendes Etwas.
Sehen Sie, schon allein beim Schreiben, ich beginne den Absatz mit dem Wort Hartz Vier und ende mit unbeliebten, gewichtigen Substantiven. Himmelherrgott.
Und davon wollte ich weg. Und sei es mit einem etwas emotionalen, stolzgeschwellten Tusch. Wenn auch wenig gehört, so doch von mir.
Adieu JobCenter. Hab’ ich gesagt, und dachte irgendwie, die ganze Welt würde mich beglückwünschen. Am meisten dachte ich würden das die Sachbearbeiterinnen tun. Frau Laux, dacht ich, Fanfare, Sie sind die zweiundsiebzigste Kundin dieses Jahrzehnts, die diesen Schritt geht, ich beglückwünsche Sie zu dieser Entscheidung! Sollten Sie weitere Hilfe benötigen zeigen wir Ihnen gern, wo Sie weitere Unterstützung finden. Schließlich ist dies ja der eigentliche Zweck unseres Unternehmens: uns überflüssig zu machen. Sie zu integrieren! Nehmen Sie also als Zeichen unserer Anerkennung Ihres Mutes und Ihrer Willenskraft dieses ledergebundene Notizbuch und diesen Blumenstrauß, und in diesem Sinne darf ich aus voller Überzeugung die Formulierung „auf Wiedersehen“ hier außer Gebrauch lassen, und Ihnen stattdessen einen wunderbaren weiteren Weg wünschen! TaDaa!
Nichts da. … „Sind Sie sich sicher Frau Laux?“. „Echt, und weißt Du schon was Du dann machst?“ „Aha. M hm. Nun ja. Wenn du das für richtig hältst.“ Keine Bewunderung. Schulterklopfen. „Endlich“. Und ich war so stolz auf mich… Aber tja… was ich danach machen würde? Und ob das wirklich „klug“ aus allen Perpsektiven dieses Wortes war? Keine Ahnung.
Weg wollte ich. Aus dieser Opferitis. Herrgottnochmal. Dieses „Du schaffst es ja doch nicht allein.“ Bäh. Dreizehn Jahre lang. Oder lassen wir es mit Abzug der zwei Kinder und der drei und fünf Monate Arbeiten acht Jahre sein. Acht Jahre JobCenter. Knick Knack Kleben, das ist genug für ein Leben. Wie ich da immer wieder angetanzt bin, im Brustton der Überzeugung, daß ich JETZT weiß wo lang es geht. Und beim dritten Mal hat mein Sachbearbeiter dann nur noch müde geschmunzelt, ich fand ihn eigentlich sympathisch, wenn ich nur nicht die ganze Zeit damit beschäftigt gewesen wäre, meine Würde aufrecht zu erhalten.
Nun denn. Ich beginne jetzt die Schritte die ich vielleicht direkt nach dem Erlangen meiner allgemeinen Hochschulreife hätte gehen sollen. Es ist mir unangenehm. Aber nun gut. Und es ist auch anderthalb Jahre her, daß ich mich vom JobCenter losgesagt habe. Aber nun gut. Manche Anfänge ziehen sich und sind gar nicht immer auf den ersten Blick als solche erkennbar. Und ich habe immernoch nicht die Steuererklärung vom letzten Jahr fertig abgeschickt, und es ist Oktober. Aber nun gut. Aber das JobCenter. Es ist nicht mehr in mir, würde ich behaupten. Fetzen davon schwimmen natürlich noch in mir herum. Selbstverständlich. Was sind anderthalb Jahre gegen acht. Aber ein wenig, ganz heimlich, weitet sich schon meine Brust, wenn ich lausche, und breit macht sich ein leises, sehr angenehmes: Adieu JobCenter!
1 Ja ja, aber ich stelle meine Dinge auch gerne IN einen Blog, was sollen sie denn AUF ihm?