Ich verfluche dieses Eine-Mutter-ein-Vater-Konzept. Ich verfluche es aus der Mitte meiner Seele. Irgendwelche manischen Vorfahren haben wahrscheinlich irgendwann was falsch verstanden und ein spirituelles Bild von einer Bipolaren Einheit von Männlichkeit und Weiblichkeit einfach eins zu eins auf den Menschen geglaubt übertragen zu müssen. Willst Du diese eine Frau lieben und ehren bis daß der Tod Euch scheidet? Und seit dem rennen wir rum und eine Frau soll nun alles Weibliche in sich beherbergen und ein Mann alles Männliche. Das funktioniert aber nicht. Eine Mutter ist in diesem Konzept immer alleinerziehend, egal wie viel Mann sie noch neben sich hat, weil sie die einzige Mutter für ihre Kinder bleibt. Aber ich will nicht die einzige Mutter für meine Kinder sein. Ich möchte Schwestern neben mir. Und Tanten. Und Mütter. Und Großmütter. Aber beziehungsunfähig wie ich geworden bin in dieser Welt habe ich das nicht. Ich bin alleine als Mutter. Ich bin immer die einzige Mutter für meine Kinder. Keine neben mir hat eine solch enge Beziehung zu meinen Kindern wie ich. Und so ist es überall eingraviert, es gibt immer nur enge Beziehungen. Zweierbeziehungen. Es gibt nicht meine Mütter. Es gibt nur meine Mutter. Natürlich ist die Beziehung dann immer so eng, daß es auch immer ein Loslass-Thema nach sich zieht. Ich kann meine Tochter schwer loslassen wenn ich sie in den Kindergarten gebe. Ich kann schwer loslassen verhindern zu wollen, daß meine Tochter ihre ersten eigenen schmerzhaften Erfahrungen macht. Dieses Konzept kreiert natürlich Helikoptereltern oder überforderte Mütter. Und wenn die Mutter dann selber in irgendeinem Prozess ist, weil sie ja eben auch nur ein Mensch ist, und kein spirituelles Bild, dann ist das Kind sofort ohne Mutter-Halt. Bindungsschwierigkeiten. Natürlich hat man dann Bindungsschwierigkeiten, wenn es auch nur eine solche Bindung gab, die dann ersatzlos wegfällt. Und die Kindergärtnerin ist kein Ersatz. Und der neu hinzukommende Halbpapa auch nicht. Und die neue beste Freundin auch nicht. Eine zweite Mutter wäre es gewesen. Oder eine dritte. Von Beginn an. Aber nein. Der Gedanke scheint absurd, wie soll denn das gehen, es gibt ja nur eine Mutter!
Und ich kann als einzige Mutter nur scheitern in diesem Konzept. Natürlich sehe ich als Mutter auch: was es bräuchte. Daß es jetzt Halt bräuchte. Oder Spiel. Leichtigkeit. Oder Grenzen. Natürlich habe ich dazu ein Gefühl. Auch wenn mal eher und mal später. Aber natürlich spüre ich, was mein Kind eigentlich bräuchte. Aber ich kann nicht alles gut. Ich kann eben manches gut. Grenzen ziehen kann ich gut. Aber spielen kann ich nicht gut. Aber andere können Anderes gut. Geduld hab ich nicht oft. Aber anderen fällt das leicht. Erklären kann ich Dinge gut. Leichtigkeit haben wieder andere viel schneller als ich. Und zusammen wären wir eine wunderbare Mischung aus all dem, was ein Kind braucht. Aber allein. Allein kann ich nur scheitern. Und ich muß zusehen, wie mein Kind nicht bekommt, was ihm zusteht. Wo es doch aber möglich wäre. Wenn sich mein Kind das, was ich nicht habe, von anderen holen kann. Aber um dort hinzugehen, zu einem Mensch, und sich was zu holen, braucht es eine Beziehung. Die gibt es aber nur zu Mama und Papa so eng. Also kommt es zu Mama und Papa. Und ich habe aber gerade keine Geduld. Keine Leichtigkeit. Also komme ich an meine Grenzen. Ein Kolibri von dem ich mir einen weiten, ruhigen Flügelschlag wünsche, der würde sich natürlich alsbald fehlerhaft und gescheitert fühlen. Aber wir kennen nur die Bipolarität. Entweder oder. Entweder Mama bietet Halt. Oder eben nicht. Wenn nicht, dann gibt es keine andere Mama, dann gibt es keinen Halt. Natürlich gibt es noch Papa und die Kindergärtnerin und die Nachbarin. (Zum Glück!). Aber es gibt dann keinen Mama-Halt. In den ersten drei Jahren unseres Lebens bildet sich unser Unterbewusstsein. Unsere nonverbale Wahrheit darüber, wie (selbst-)sicher ich mich ganz grundsätzlich fühle. Und wie frei ich mich also entfalten kann. Unsere Wahrheit darüber, wie ich lande, wenn ich falle. Und just in dieser Zeit gibt es: eine Mama. Und einen Papa. (Im Optimalfall.) Und wenn ich in dieser Zeit also mal falle, weil die Mutter-Energie alle ist. Oder berührungsscheu. Oder freudlos. Dann lande ich hart. Und wenn mir dann etwas später verbal die halbe Welt erzählt, ich könne mich jetzt fallen lassen, bin ich mir doch sicher, ich bin mir bewusst, daß ich hart landen werde. Also halte ich mich fest, sobald etwas Halt verspricht. Und dann sitzen wir beim Therapeuten und reden über die Schwierigkeit Loszulassen. Ach wirklich?
Ich verfluche Dich, Kleinfamilienkonzept!